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Neunkirchen b. Hl. Blut / Bay. Wald 2016

Burgen, Falkner, Agenten, Landschaftsromantik, Drachen und all-inklusive-Jungfrauen
– ein Märchen zum 40igsten.

Da habe ich mir ja was Schönes eingebrockt. Jetzt darf ich auch noch über mein eigenes Treffen schreiben…über wen soll ich lästern, wen soll ich loben… ich mich selbst ?

Jedenfalls kann man schon mal allen Wettergöttern danken, die uns diese Traumtage beschert haben. Es hätte auch regnen können und dann wäre so ziemlich alles ins sprichwörtliche Wasser gefallen, keine Gondelfahrt, keine Flugschau, kein Drachenfeuer usw. Wir hatten echt Glück; oder haben wir uns am Ende das Ganze noch redlich verdient?

Jetzt hab ich´s! Wir können uns alle selber loben, loben weil wir so lange mit unseren Autos verbunden sind, loben weil wir es nun fast alle bis zum H-Kennzeichen aushielten und loben, weil wir mit fast 70 Teilnehmern und 33 Autos ein wirklich großes Treffen veranstaltet haben. In Tschechien kamen dann noch 20 weitere Autos für einige Stunden hinzu, um 40 Jahre 6er Reihe zu feiern.

Pfeif auf Understatement – mia san mia und das soll uns mal einer nachmachen!
Ein kleines Märchen wurde wahr!

Dementsprechend residierte der 6-Zylinder Adel auch in einem Burghotel. Dereinst von Rittern und Burgfräuleins bevölkert, besetzten nun zwar hauptsächlich all-inklusive-Armeen die Räume, aber wir hatten ja unseren Rittersaal als Separee. Und die Schlacht am Buffet wurde hauptsächlich friedlich ausgetragen, geplatzte Büstenhalter und Hasenstall dicke Armschienen seien nicht weiter erwähnt. Und daß Luxemburger trinkfest sind, wissen wir.

Da die Herren in den Ratshäusern Raubrittern gleich uns mit Wegzoll der unverschämten Art besteuern wollten, nahmen wir am Freitag den Lift zum Erklimmen des „Hohen Bogen“. Was zunächst nach Rentnerausflug klang, entpuppte sich als zutiefst entspannte Gondelfahrt über tiefe Wälder und offenbarte sich später bei der Abfahrt als ein Schweben über eine Landschaft, deren Weite man schlecht mit Worten beschreiben kann, weil einem eben diese Worte fehlten. Man saß nur da, blickte in die Ferne und genoss. Ein Hauch von Einsamkeit und Stille umwehte diesen Ort. Gelegentlich unterbrochen von Schreien nicht mehr ganz taufrischer Jungfrauen, die sich bei der Abfahrt in der Sommerrodelbahn überschätzten. Aber in jedem Märchen gibt es Verluste.

Zwischen den Gondelfahrten genossen wir der Genossen ehemalige Abhöranlage Sektor F. Dort wo einst die Deutschen die Tschechen abhörten. Da die Tschechen auch nicht doof sind, hörten sie ihrerseits die Deutschen ab. Die Russen hörten die Tschechen ab, wie sie die Deutschen abhörten. Dies wiederum hörten die Franzosen ab. Die Amerikaner hörten alle ab, auch sich selbst. Damit man nicht abgehört wurde, begab man sich in einen abhörsicheren Raum. Dass es diesen Raum gab, wussten aber eh alle, da das schon vorher abgehört wurde. Wem das jetzt zu kompliziert war, der kippte sich in der Kantine ein paar Bier hinter die Kopfhörer. Das wurde nicht abgehört, sondern von einem dort eingeschleusten Spion an die abhörenden Parteien weitergegeben. Bleibt noch zu erwähnen, dass der Spion enttarnt wurde – weil er abgehört wurde.
Und in eben dieser geschichtsträchtigen Kantine, zum ersten Mal in der Geschichte der Anlage, gab es exklusiv für den 6er Club eine Grillparty. Ob abhörsicher oder nicht – wir hauten rein!

Nach dem erwähnten Niederschweben Richtung Talstation und kurzer Busfahrt über eine beängstigend schmale Straße, trudelten wir im Greifvogelpark Grafenwiesen ein. Als Deutschlands exklusivster Swinger Club begrüßt (wer hat denn hier wen abgehört ?), bekamen wir eindrucksvolle Momente von tieffliegenden Raubvögeln geliefert. Gott sei Dank trägt bei uns niemand ein Haartoupet, so dass sich alle beim darauffolgenden Kaffeekränzchen noch blicken lassen konnten.

Dann war es soweit. Es war Samstag und morgens um 9 Uhr dröhnten die 6er, ein paar 8er und ein einsamer Z1 aus der Tiefgarage Richtung langersehnte Ausfahrt durch den bayerischen und böhmischen Wald. Trotz reduziertem Roadbook fanden alle zum ersten Haltepunkt, dem Parkplatz am Fuße des Arber, dem höchsten Berg des bayerischen Waldes. Am Gipfel des über 1400 Meter hohen Berges sah man ebenfalls zwei geheimnisvoll wirkende Kugeln. Die waren aber wohl nicht ganz so wichtig, denn hier hörte man die Österreicher ab – solange bis man merkte, dass die eh neutral sind und das Rezept für Schmarrn schon Jahre vorher geklaut worden war, in Braunau.

Nach den Serpentinen der Arberseestrasse, erreichten wir die tschechische Grenze in Bayerisch Eisenstein. Es folgte eine überraschend gut ausgebaute und mit einigen 180 Grad Kurven versehene Straße, die sich in einer sanften Hügellandschaft mit sagenhaft wenig Verkehr und vielen pittoresken Dörfern ergoss.
Am historischen Stadtplatz von Klatovy angekommen, warteten nicht nur eine Reihe tschechischer 6er Fahrer auf uns, sondern auch Vertreter der Stadt, um uns durch ihr kleines aber sehr feines Rathaus zu führen. Ebenfalls sehr fein aber gar nicht klein waren die Portionen der böhmischen Spezialitäten, die wir danach aufgetischt bekamen. Dass ausgerechnet in diesem Land 0,0 Promille im Verkehr gelten, wo man das beste Bier der Welt braut und eine Halbe auch noch 1,20 € kostet, trieb einem die Tränen in die Augen.
Die Tour ging weiter über eine noch sanftere Hügellandschaft, unter blühenden Alleen hindurch hinein in kleine Dorfgemeinschaften, wie sie bei uns eigentlich verschwunden sind. Wo gibt es bei uns noch Dorfweiher und spielende Kinder an der Hauptstraße ?
Vorbei an Orten mit unaussprechlichen Namen und zurück in Bayern erwartete uns dann noch das letzte Highlight, der Drache in Furth im Wald. Dieses Riesenvieh in Aktion zu erleben war schon eine besondere Attraktion, unsere Autos dann noch für ein Fotoshooting dazu stellen zu dürfen, ein einmaliges Erlebnis. Der Drache ist derart komplex, dass er in Sekunden seine „Stimmung“ ändern, schnauben, brüllen, Qualm und Feuer spucken kann. Warum nur hat er einen Frauennamen…

Da ein Märchen immer gut ausgeht, hatte auch DJ Sepp am letzten Tag Gesangsverbot, vielleicht wurde er auch im Greifvogelpark verfüttert oder von einer all-inklusive-Jungfrau abgeschleppt. Egal, Hauptsache die Stille des bayerischen Waldes kam zurück.
Und so wurde es, nach all dem Erlebten in bester Clubtradition bei leckerem Buffet und coolen Drinks an der Bar, für alle noch zu einem wunderbaren Abend. Manchmal werden Märchen wahr, zumindest die kleinen. Es war einmal…ein 6er Treffen.

Gerhard Holmer