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Bad Driburg September 2017

Herbsttreffen des BMW 6er Club e.V. vom 08.-10.09.2017 in Bad Driburg

Wo bitte geht´s nach Ostwestfalen – östlich oder westlich ?

Amanda zickt. Mal will sie, mal will sie nicht. Boshafter Weise könnte man jetzt sagen, dies sei die weibliche Natur, aber Amanda ist mein 6er, benannt nach Amanda Lear. Dem weiblichen GT der 70iger. Und die mag diesmal nicht so richtig. Gefährlich diese Diven, wenn sie älter werden…So muss dieses Mal Grace ran, mein 4er, benannt nach Grace Jones, den weiblichen GT aller restlicher Dekaden. Der Hintern von beiden ähnelt sich ebenfalls, der neuere vom 4er, der ältere von ihr.  Grace hat den Vorteil der Navigation – Grace weiß alles, kennt alles. So auch Bad Driburg, in welches uns unsere Long-Time Stars Inge und Peter Ortshöfer eingeladen haben und natürlich sind wir dem Ruf der beiden gerne gefolgt.

Nur eines kennt Grace nicht; Ostwestfalen. Gibt es das überhaupt bzw. ist das nicht ein Widerspruch in sich ? Und wo müssen wir dann hin ? Eher westlich oder eher östlich ? Also quasi entweder ins westliche Ostwestfalen oder ins östliche Ostwestfalen ? Und wenn man von München kommt, so wie ich, komme ich dann südlich ins westliche Ostwestfalen oder südlich ins östliche Ostwestfalen? Und die Hamburger ? Nördlich ins westliche…ach herrjeh. Ich nehme mal vorsorglich Aspirin mit, wer weiß was die auch noch für eine Sprache sprechen – ich sehe schon: das wird kompliziert.

Munter jeden Stau und gelbe Nummernschilder mittels Grace´s dynamischer Navigation umfahrend, ging es dann auch Ruck Zuck Richtung Nord-Ost-West (oder so ähnlich) und weil Landstraßen schöner als Autobahnen sind und Landstraßentankstellen preiswerter, durfte sich Grace bei Rudi`s Tank-Eck etwas Stoff reinziehen (damit die nicht auch noch auf die Idee kommt zu zicken). Rudi wohnt so Richtung südliches Ostwesten und ich frage, ob ich denn schon im westlichen Ostwestfalen bin oder im östlichen. Rudi sieht mich an, als ob ich gerade aus der Geschlossenen entlaufen bin und meint: „Ne Du bist im südöstlichen Nordrheinwestfalen.“ Darauf sehe ich Rudi an, als ob er zu viele Dämpfe seiner Tankanlage inhaliert, aber im Ausland muss man höflich sein und ich bedanke mich freundlich mit der Bitte um ein Glas Wasser. Oh Mann, das mit dem Aspirin geht ja früh los.

Grace ist in bester Laune und Schwupps brettern wir im Hotel vor.  Die Rezeptionsdame begrüßt einen auch sogleich mit Stimmlage Mezzosopran und auf meine Frage wo ich eigentlich sei, meint sie Westfalen. Wie, Westfalen ? Was ist mit Ost ? Nord ? Und was mit südlich, östlich und dem ganzen Zeug. „Aha, Sie sind der Münchner, stimmt´s ?“ meint sie. „Zimmer 33.“  Wahrscheinlich bekomme ich aus Mitleid die 33, damit ich mir das leichter merken kann und nicht noch die Himmelsrichtungen im Hotel verwechsle. Ich sehe schon, die Dings-Falen sind, glaub ich, ein ganz schön boshaftes Völkchen – das wird ein Spaß.

Die Jungs und Mädels des 6er Clubs, zumindest der harte Kern, trudelten dann auch so nach und nach ein. Egal ob aus Ost, West, Süd oder Nord, die Wiedersehensfreude ist immer gleich groß, wie könnte es auch anders sein, sieht man die meisten doch leider nur ein- bis zweimal im Jahr.

Dann ging´s los Richtung UNESCO Weltkulturerbe Kloster Corvey (frag mich bloß keiner in welche Himmelsrichtung) und sogleich öffnete der Himmel seine Schleusen und sollte diese bis zum Mittag des kommenden Tages auch kaum mehr schließen. Nun ja, wir haben das bergische Land durchschwommen, wir würden auch hier klar kommen. Während der Führung erfuhren wir so allerhand zeitgeschichtliches der weltlichen und geistlichen Eliten, welche hier über Jahrhunderte Einfluss auf Land und Leute übten. Ergänzt durch Fleißmeldungen unseres Einser-Schülers Peter J. aus VIE, wurde es ein durchaus kurzweiliger Rundgang durch doch recht langatmige Gänge. Bei 109 Metern Länge allein im Wohnbereich und nur für einen Flügel geht einem doch die Puste aus, da sich langsam aber sicher dieses eine Gefühl breit machte, welches in Kombination mit Regen und Kälte so ganz und gar unangenehm sein kann: Hunger !

Der konnte aber bei einem hervorragenden Buffet im heimeligen Familienhotel gestillt werden. Die eine Stunde JHV die vorher noch zu absolvieren war, wurde diesmal ohne erhitzte Gemüter durchgezogen, alle Beschlüsse wurden einstimmig abgesegnet. Und gleich vier neue Familienmitglieder zu begrüßen, hat auch einen gewissen Seltenheitswert.

Der Regen am Samstag wurde erst mal noch schlimmer, aber die gute Laune lässt sich ein 6er Club dadurch nicht verderben. Und dass ich mal einen Taxichauffeur chauffieren durfte, hätte ich mir auch nicht träumen lassen – und dann auch noch einen Berliner. Sachen gibt´s, die gibt´s nur bei uns.

Rund herum durchs Weserbergland ging es und als wir eine Pause an der Weser machten, wurde final kapituliert. Natürlich nicht von uns, der Himmel schickte nochmal einen richtigen Guss von oben, sah aber dann wohl ein, dass diese 6er Bande durch nichts aufzuhalten sei und lies Fetzen von Blau durch die Wolkendecke leuchten. Wer stellt sich auch bei Wind und Wolkenbruch noch freiwillig ans Weserufer nur um die Landschaft zu genießen. Wir !

Die warme Erbsensuppe auf dem Köterberg nahmen wir dennoch gerne an und der Himmel zeigte sich dort von seiner dramatischen Seite. Eigentlich war dies noch schöner, als wenn es „nur“ strahlenden Sonnenschein gegeben hätte. Der Fernblick, bedingt durch das Wetter, war sensationell. So sieht also das westliche und östliche Ostwestfalen aus, egal ob man von südlich oder von nördlich kommt. Kein Wunder, dass Karl der Große ewig brauchte, um die Gegend zu erobern, hier kennt sich ja kein Mensch mehr  aus…

Wenn der Himmel schon weiterhin mit seinem Blau geizte, dann wurden wir wenigstens eine Stunde später in Schloss Rheder blaublütig von Freifrau von Spiegel begrüßt. Kaltblütig wie wir sind, stellten wir unsere Autos direkt vor den Eingang,  um dann heißblütig über das adelige Kuchenbuffet herzufallen. Bei der anschließenden Führung durch den edlen Garten konnten wir alle nochmal frische Luft einatmen, letztere ging dem einen oder anderen nämlich bei der Führung in der Käserei in Nieheim aus. Es umgab uns, sagen wir es einmal mit den Worten des eben besuchten Adels, ein leichter Odeur de la Nature.

Oder wie es ein anderer ausdrückte: boh, wat stinkt dat hier. (Das war diesmal nicht Peter J. aus VIE)

Naja Leute, so eine Ostwestfälische Kuh ist eben primär Grundstofflieferant für Molkereiprodukte, weniger für Chanel No. 5. Die Frankreich Ausfahrt kommt erst noch, das hier ist Germanien Mitte !

Aller Unbill des Wetters, der Himmelsrichtungen, der Gerüche und Parkplatzordnung war danach ohnehin obsolet, denn als letzter Abend des Treffens, genossen wir wie immer unser Zusammensein mit der Vorfreude auf ein Wiedersehen im Frühjahr. Peter Ortshöfer fiel der wohlverdiente Stein vom Herzen, Inge sang ihr Halleluja (wegen Peter) und wir klatschten kräftig Beifall für das Engagement der beiden und ihrer Helfer.

Ach ja das Frühjahr 2018: da unsere beiden Rolling Stones Groupies Erika und Hans Reyinger uns in das Allgäu einladen, dürfen wir uns auf paar kräftige Überraschungen freuen, das Infoblatt gab schon mal einen Ausblick, was uns in den Bergen des Südens erwartet: Royals und Rindviecher. Also ALLE mitmachen, wir freuen uns !

Bis dahin dürfte Amanda auch wieder disponiert sein, schließlich war ihr größter Hit „follow me“ und wie könnte ich, wenn sie nicht will. An der Shell Tanke in Bad Driburg antwortete man mir am Sonntag auf die Frage, wie ich am schnellsten zur Autobahn käme mit „Fahren Sie ein Stück Richtung Süden, dann nach Westen. Der Autobahnzubringer liegt nördlich von hier, ganz einfach zu finden.

Ich brauch ein Aspirin.

Gerhard Holmer